Aufbau der Schlosser- und Schweisserabteilung |
Bildungurlaub in Ruanda, so oder so ähnlich lautete ein Bericht in einer Tageszeitung im Herbst 2010. Es ging darum in einer Schule im ländlichen Gebiet beim Aufbau von Ausbildungsplänen für neu gegründete Fachrichtungen zu helfen. Wir, Monika König (Leverkusen) und Bernhard Liesemann (Wadersloh) haben unseren “Bildungsurlaub” in diesem Sommer in Kivumu verbracht und berichten über den Aufbau der Metallabteilung im Father Vjeko Trainingszentrum. Nach Ankunft in Ruanda Anfang August haben wir direkt mit der Erstellung eines Planes für die Ausbildung zum Schlosser und Schweisser begonnen. Parallel wurde mit den Ausbildern Mathematikunterricht durchgeführt. Monika hat hier mit einer angehenden Lehrerin aus Canada grundlegende mathematische Zusammenhänge erklärt und anhand praktischer Beispiele angewendet. Somit ist ist den Schülern ermöglicht bei Bauprojekten den genaen Bedarf an Material zu ermitteln und die Kosten eines Projekts zu kalkulieren. Das ist eine wichtige Basis um zum Beispiel ein kleines eigenes Geschäft aufzumachen zu können. Chinesischer Stahl hat leider nicht die Toleranzen und Güten wie in Europa, zumindest nicht welcher von China nach Afrika geschickt wirdJedoch ist das Material nicht so einfach zu beschaffen wie man es sich vielleicht in Deutschland vorstellt. Ruanda wird, soweit ich das bei meinen Recherchen erfahren habe, hauptsächlich von China mit Stahl beliefert. Und chinesischer Stahl hat leider nicht die Toleranzen und Güten wie in Europa, zumindest nicht welcher von China nach Afrika geschickt wird. Somit ist es schon schwierig das passende Material für z.B. Schweissübungen in der Ausbildung zu finden. Standardmässig wird hier 1,5mm starkes Blech in verschiedenen Profilen verkauft und zum Einsatz gebracht. In der Hauptsache werden Fenster und Türen für den Häuserbau gefertigt. Dies ist leider nicht die ideale Basis um ausgerechnet mit dem Elektrodeschweissen anzufangen welches hier das gängige Verfahren ist. Als Lehrling muss man erstmal ein Gefühl für das Schweissen bekommen und da ist stärkeres Material notwendig welches nicht gleich beim ersten Kontakt mit der Elektrode ein Loch bekommt. Daher haben wir uns mit Ivica auf die Suche gemacht und haben sind bei einem grossen Metallhandel in Kigali fündig geworden. Umgehend wurden U-Stahl und Flachstahl in 8mm stärke (für Säge- und Feilübungen) und stabiler Winkelstahl und kleine I-Träger gekauft. Der Winkelstahl und die Träger werden zusammen mit den Ausbildern und Schülern zu einer stabilen Schweisserwerkbank verarbeitet. Denn bisher werden Schweissarbeiten und Übungen nur auf dem unebenen und mit Löchern versehenen Betonboden durchgeführt. Somit wurde in Angriff genommen ein Schweisstisch zu bauen der eben und grade ist. Aber die Anforderungen waren hoch: Bau mit dem Material welches hier beschaffbar ist, transportabel da alle Arbeiten draussen unter einem Dach stattfinden aber der Tisch bei nichtgebrauch drinnen gelagert werden soll, und natürlich stabil und belastbar. Zudem sollte er für mindestens 3 Auszubildende Platz bieten da hier bereits 3 Schweissgeräte zur Verfügung stehen. So haben wir uns für den Bau von stabilen Stahlböcken mit höhenverstellbaren Füssen und aufgelegten I-Trägern entschieden. Die Träger lassen sich an die Böcke schrauben oder mit Hilfe von Schraubzwingen klemmen und damit beliebig einrichten. Der Tisch ist 1,45m x 1,90m gross und an den 4 Ecken können nun die Schweissübungen stattfinden. Auch kann der Tisch für das zusammenschweissen von Türrahmen und Fenstern benutzt werden. Das exakte winkelige und passgenaue zusammenfügen von Stahlteilen war bisher nur schwer möglich da eigentlich keine grade und ebene Fläche in der Schule existierte. Es wurde soviel Material eingekauft das die Ausbilder mit den Auszubildenden einen zweiten Tisch bauen können um noch mehr Schüler parallel arbeiten zu lassen. Die bisher verwendeten Schraubstöcke sind auf vorhandenen Holzwerkbänken montiert. Die Schraubstöcke wurden im letzten Schuljahr so stark in Mitleidenschaft gezogen das sie zum Teil ausgetauscht werden mussten. Durch den Neukauf von 3 hochwertigen und belastbaren Schraubstöcken und dazu eine kleine Ständerbohrmaschine, können jetzt wieder Teile präzise eingespannt und bearbeitet werden. Die Holzwerkbänke die zum Teil sehr alt sind werden in Zukunft durch neue ersetzt werden. Die Tischlerabteilung der Schule wird diese im laufe der Zeit bauen. Ein Ehrenamtlicher Ausbilder für Tischler aus Canada hat hier in den letzten 3 Wochen eine Musterwerkbank mit den Ausbildern der Tischlerabteilung erstellt die keine Wünsche offenlässt. Glücklicherweise konnte hier heimisches Holz vom Cyprusbaum zum Einsatz kommen welches eigentlich als Brennholz verwendet wird. Dieses Holz ist aber Qualitativ gleichwertig zu Eiche und lässt sich zudem noch relative leicht bearbeiten. Schrauben sind in Ruanda im allgemeinen nur schwer zu bekommen, aber für eine Ausbildung im Metallbereich nicht wegzudenken. In einem der wenigen Werkzeugläden wurden jedoch verhältnissmässig günstig Gewindestangen mit Muttern und Scheiben angeboten. Somit bauen wir unsere Schrauben jetzt selbst und es wird bestimmt immer die passende Länge dabei sein. Ein wichtiger Aspekt bei der Beschaffung von Material hier in Kivumu ist das die ausgebildeten Handwerker später auch die hier verwendeten Werkstoffe selbst beschaffen können. Also kommen zuerst einmal die Hauptstadt Kigali und die etwa 8 Kilometer entfernte Stadt Gitarama als Einkaufsziele in Frage. Der aufgestellte Lehrplan für die Schlosserabteilung basiert bei den theoretischen Grundlagen auf dem der Tischler (Mathematik und Technisches Zeichnen). Er orientiert sich an internationalen Standards und es sind beim Fachwissen auch Elemente aus deutschen Fachbüchern mit eingeflossen. Hier wurde nun vor Ort festgelegt welche Kenntnisse überhaupt vermittelt werden müssen. Man kann sich vorstellen das hier ein bewährter Ausbildungsplan aus Deutschland, zum Beispiel den eines Industriemechanikers, nicht eins zu eins umgesetzt werden kann. Denn bei dieser Ausbildung geht man von mindestens 10 Jahren allgemeiner Schulbildung als Basis aus. Diese sind aber in Ruanda oft nicht vorhanden. Daher wurde nur das wichtigste herausgenommen und zum Teil mit vielen Bildern versehen die die Handfertigkeiten vermitteln. Auch boten sich hier englisch sprachige Fachbücher an auf die im Ausbildungsplan verwiesen wurde. Alle Bücher können sich Ausbilder und Schüler in der schon gut ausgestatteten Bibliothek ausleihen. Auch muss man sich immer wieder bewusst werden das die oft nicht über die Grundkenntnisse hinausgehenden Englischkenntnisse ihre Berücksichtigung fordern. Dazu kommt das die Ausbildung hier insgesamt nur 1 Jahr dauert als normalerweise mindesten 3 Jahre. Die Zukunft wird zeigen ob der Ausbildungsplan durchgeführt werden kann. Sicher sind hier und da noch Nachbesserungen notwendig, aber die Basis ist gelegt. Am 16.8.2011 hat die Schule begonnen. Wir sind gespannt wie es sich entwickelt! Ein Bericht folgt... Photo Gallery |